Spontane Hilfe als Grundstein – 10 Jahre DGG Tübingen / Reutlingen


Mit Reden, Musik und Tanz feierte die Deutsch-Griechische Gesellschaft Tübingen-Reutlingen ihren zehnten Geburtstag.

Ein lebhafter Trubel herrschte am Samstagabend im Salzstadel bei der Jakobuskirche: Zum Jubiläumsfest der Deutsch-Griechischen Gesellschaft waren rund 200 Gäste gekommen.

Die erste Vorsitzende Rita Haller-Haid erinnerte an die Anfänge: Als 2007 Waldbrände in Griechenland ausbrachen, sammelten Deutsche und Griechen in Tübingen gemeinsam Geld, um die betroffenen Menschen zu unterstützen. Damit die Spenden nicht den Umweg über das griechische Konsulat nehmen mussten, knüpfte man Kontakt zu einer Freiwilligen Feuerwehr, die in einem Waldgebiet in Kaissarani bei Athen den ganzen Sommer über Feuerwache hielt. “Es fehlte diesen über 100 jungen Leuten nicht an Mut und Engagement, dafür aber an Ausrüstung, Helmen und Stiefeln”, erzählte Haller-Haid.

Unterstützung kam von der Kreisfeuerwehr, namentlich vom damaligen Kreisbrandmeister Karl Hermann, der am Samstag auch unter den Festgästen war. Er organisierte damals ein Tanklöschfahrzeug und fuhr es mit Stadtbrandmeister Michael Oser nach Griechenland. “Wäre Herr Hermann nicht gewesen, würde es die Deutsch-Griechische Gesellschaft in Tübingen wahrscheinlich nicht geben”, so Haller-Haid. Hermann legte damals in Kaissarani auch einen Kranz am Denkmal für griechische Partisanen nieder, die von der deutschen Wehrmacht ermordet worden waren.

Dieser lose Zusammenschluss von Menschen, die 2007 Geld sammelten, bildete den Grundstein für die heutige Deutsch-Griechische Gesellschaft. Unter den Festgästen waren auch Dimitrios Katsanos, Priester der griechisch-orthodoxen Gemeinde in Reutlingen, und Thomas Hölsch, Bürgermeister von Dußlingen, wo zehn Prozent der Einwohner griechische Wurzeln haben. Zu Luzia Köberlein, der Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragten der Stadt, sagte Haller-Haid: “Ich freue mich, dass du da bist, auch wenn es bei den Griechen nicht viel zu integrieren gibt.”

Einen spannenden Blick auf die historischen Beziehungen zwischen Tübingen und Griechenland warf Professor Wilfried Setzler in seinem Festvortrag. Unter dem Titel “Alte Liebe rostet nicht” hatte er exemplarisch zwei Zeitabschnitte herausgegriffen: die Jahre von 1570 bis 1610 und die Zeit des griechischen Unabhängigkeitskrieges in den 1820er Jahren.

Zwar gehörte die Beherrschung des Altgriechischen seit Gründung der Tübinger Universität zur Ausbildung der Studenten, war die Wertschätzung der Antike unter den Gelehrten hoch – unter Europas Gelehrten jedoch war ein “totales Desinteresse” am zeitgenössischen Griechenland bis Ende des 18. Jahrhunderts gang und gäbe. Die einzige Ausnahme bildete die Tübinger Universität, wo Anfang der 1570er-Jahre – Württemberg war “das Musterland der lutherischen Lehre” -, die Idee aufkam, “sich mit der griechisch-orthodoxen Kirche gegen den katholischen Papst zu verbünden, ja gar die griechisch-orthodoxe Kirche für den Protestantismus zu gewinnen”, so Setzler.

Das Projekt scheiterte – der griechische Patriarch erklärte, dass allein die Kirche des Ostens “die Wahrheit besitze” und forderte die Tübinger Protestanten vielmehr auf, die Dogmen der griechischen Kirche anzunehmen. Eine Brücke nach Griechenland war aber immerhin geschlagen.

Für den musikalischen Rahmen des Festabends sorgte das Musiktrio “Apo ta perix” mit Nikos Hatziliadis, Nikos Konstandinidis und Klaus Pfeiffer. Sobald es aufspielte, fielen die Gäste klatschend und singend in die Lieder ein. Die Tanzgruppe Rea unterhielt mit griechischen Volkstänzen. Keine Frage, dass sie auch den Sirtaki vorführten.

Quelle: Schwäbisches Tagblatt, 24.09.2018